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  • Revolution und Konterrevolution
    Artikel aus der Jungen Welt zur Nelkenrevolution
    Junge Welt vom 24.April 2004
    Frank Bochow

    Artikel aus der Jungen Welt zur Nelkenrevolution

    Junge Welt vom 24.April 2004

    Frank Bochow

    Zum 30. Jahrestag der Aprilrevolution in Portugal

    In den letzten Apriltagen des Jahres 1974 nahmen am westlichen Ende des europäischen Kontinents im kleinen NATO-Staat Portugal Ereignisse ihren Lauf, mit denen in Ost und West niemand gerechnet hatte. Zunächst sah alles ganz harmlos aus: Mit Hilfe eines Militärputsches, so konnte man annehmen, entledigte sich die Bourgeoisie einer drückenden, auch international in Mißkredit geratenen Diktatur, um ihre Herrschaft nunmehr im Rahmen der im kapitalistischen Europa bewährten parlamentarischen Demokratie fortzusetzen. Tatsächlich aber geschah etwas Unglaubliches – eine Revolution, die diesen Namen auch verdient. In einem bis dahin unbekannten Aufschwung der Volkskräfte, die sich mit den progressiven Soldaten und Offizieren der Streitkräfte verbündeten, wurde aus einer faschistischen Diktatur (seit 1932 unter Antonio de Oliveira Salazar, seit 1968 unter Marcello Caetano) innerhalb von zwei Jahren eine fortschrittliche Demokratie, die sich in ihrer am 2. April 1976 verabschiedeten Verfassung das Ziel setzte, eine sozialistische Gesellschaft zu errichten.

    Veränderte Besitzverhältnisse

    Die Nationalisierung großer Banken und Versicherungen, der nationalen Monopolgruppen in der Industrie und die Enteignung der Großgrundbesitzer im Alentejo im Rahmen einer gesetzlich verankerten Agrarreform veränderten sich erstmals nach 1945 in einem westeuropäischen Land der die Eigentumsverhältnisse grundsätzlich.

    Von besonderem Gewicht war die Agrarreform. Wenn man gesehen hat, mit wieviel Freude und Stolz die jahrhundertelang ausgebeuteten Landarbeiter des Alentejo die Felder ihrer »Kollektiven Produktionseinheiten« (UCP) bearbeiteten und diese auch später noch jahrelang gegen alle Angriffe verteidigten, läßt sich ermessen, warum auch heute die Agrarreform als die schönste Errungenschaft des April bezeichnet wird. Erstmalig erblühten die Dörfer »hinter dem Tejo«, die zuvor gravierende Arbeitslosigkeit war nahezu verschwunden, neue Häuser wurden gebaut, Schulen und Gesundheitszentren entstanden. Die Arbeiter wollten das Land nicht als privates Besitztum zugeteilt bekommen, um es dann in eine Kooperative einzubringen. Sie hatten unter den Gutsherren immer gemeinsam gearbeitet, sich die Füße abgetreten, um »keinen fremden Boden« in ihre Katen hereinzutragen. Sie waren Proletarier und keine Bauern. Das Land nicht aufzuteilen, sondern in kollektiven Besitz zu nehmen – das war eine der originellen Formen der portugiesischen Revolution.

    Die Nationalisierung der Schlüsselindustrien und wichtiger Dienstleistungen, der Banken und Versicherungen war das Ergebnis des unmittelbaren Handelns der Arbeiter in den Betrieben und der Angestellten in den Banken und Versicherungsgesellschaften, die nicht nur ihre sozialen Rechte einforderten, sondern über Organe der Arbeiterkontrolle unmittelbar Einfluß auf die ökonomische Leitung ausübten. Sie verhinderten Sabotageakte der kapitalistischen Eigentümer, widersetzten sich allen Versuchen, das Kapital ins Ausland zu transferieren.

    Die einheitliche Gewerkschaftszentrale CGTP-Intersindical spielte in diesen Auseinandersetzungen eine entscheidende Rolle. Im Oktober 1970 als Vereinigung von dreizehn Einzelgewerkschaften gegründet, hatte sie im April 1974 bereits eine halbe Million Mitglieder. Sie ist bis heute die größte und einflußreichste Dachgewerkschaft in Portugal, die sich als Klassengewerkschaft versteht und für deren Funktionäre Posten in Aufsichtsräten von Konzernen undenkbar sind. In den Leitungsorganen wirken Kommunisten und Sozialisten, Christen und Parteilose gemeinsam auf der Grundlage demokratisch gefaßter Beschlüsse ihrer Kongresse.

    Die »Bewegung der Streitkräfte«

    Unmittelbarer Auslöser der Revolution war der militärische Aufstand vom 25. April 1974, vorbereitet und organisiert durch die »Bewegung der Streitkräfte« (MFA), die 1973 aus dem »Protest der Hauptleute«, d. h. des mittleren Offizierskorps, hervorgegangen war. Daß beträchtliche Teile der Streitkräfte, besonders die Soldaten und unteren Offiziersgrade, zum bewaffneten Träger revolutionärer Veränderungen werden, ist so ungewöhnlich nicht, man denke nur an die Oktoberrevolution 1917 in Rußland oder die revolutionären Kämpfe 1918/19 in Deutschland. Auch im heutigen Venezuela sind es progressive Militärs, die auf der Seite des Volkes stehen.

    In Portugal führte der lang anhaltende Kolonialkrieg in Afrika zu einer spürbaren Veränderung im Bewußtsein der jungen Offiziere, von denen viele von den Hochschulen kamen und bereits dort am antifaschistischen Kampf teilgenommen hatten. Sie erkannten bald, daß der ungerechte Unterdrückungskrieg nur durch den Sturz des faschistischen Regimes beendet werden konnte. Darin waren sich alle weitgehend einig, doch über die Frage nach dem weiteren Weg gingen die Meinungen zum Teil erheblich auseinander.

    Die »Bewegung der Streitkräfte« und ihre Führungsorgane (Vollversammlungen der Waffengattungen, »Komitee der 20«, zuletzt »Revolutionsrat«) umfaßten unterschiedliche politische Gruppierungen. Zu den konsequenten Revolutionären mit einer klaren antikapitalistischen Haltung gehörten u. a. Vasco Gonçalves, eine der herausragendsten Persönlichkeiten der Aprilrevolution, und der »rote Admiral« Rosa Coutinho, der durch sein mutiges Handeln in Angola den Sieg der Befreiungsbewegung MPLA beim Übergang in die Unabhängigkeit sichern half.

    Der inzwischen verstorbene Marschall Costa Gomes, zu Zeiten der Aprilrevolution General und Chef des Generalstabes, war als Präsident Portugals bis 1976 stets um einen Ausgleich bemüht. In seinem praktischen Handeln stand er auf seiten der Revolution. Es bleibt sein Verdienst, daß er kurz vor seinem Rücktritt als Staatspräsident am 2. April 1976 in das Parlament kam, um die von dessen Mehrheit verabschiedete fortschrittlichste Verfassung Westeuropas sofort zu unterzeichnen und sie damit in Kraft zu setzen. Einen beachtlichen Einfluß auf den Gang der Ereignisse hatte die Gruppierung um den Major Melo Antunes, die der sozialdemokratischen Idee einer besseren Verwaltung des Kapitalismus nahestand. Er stand an der Spitze der »Gruppe der neun«, die sich 1975 mit einem Manifest an die Öffentlichkeit wandte, um gegen die von der Regierung Vasco Gonçalves verfolgte Politik zu protestieren. Das führte letztlich zur Spaltung der MFA und zu den Aktionen vom 25. November 1975, bei denen unter dem Vorwand, einen »linken Putsch« zu verhindern, die rechten Kräfte in den Streitkräften die Oberhand gewannen. Man muß Antunes allerdings zugute halten, daß er und seine Freunde, offenkundig bestürzt über die antikommunistischen Welle, die das Land erfaßte, entschieden gegen alle Versuche auftraten, die Portugiesische Kommunistische Partei (PCP) zu verbieten oder ihre Wirkungsmöglichkeiten einzuschränken.

    In stürmischen und nicht immer durchschaubaren Zeiten gibt es viel Raum für allerlei »linksradikale« Abenteurer. Verständliche Wünsche nach möglichst raschen Veränderungen verbinden sich schnell mit unrealistischen Forderungen und direkt vom politischen Gegner angestachelten Provokationen. Anarchistische, maoistische, linksextreme Organisationen und Parteien entfalteten in der Aprilrevolution eine stürmische Tätigkeit. Bei aller Unterschiedlichkeit einte sie ihr Kampf gegen die PCP. Auch in den Streitkräften fanden sich ihre Anhänger. Leider unterlag auch der verdienstvolle Offizier der MFA, Otelo Saraiva de Carvalho, einer der Befehlshaber der Aktionen des 25. April und später Kommandeur der Streitkräfte auf dem Festland (COPCON), dem Einfluß dieser Kräfte. Sein unverantwortliches Handeln trug mit zur Niederlage der militärischen Linken bei.

    Kommunisten …

    Ein revolutionärer Prozeß ist kein Spaziergang auf vorher festgelegten Pfaden. Alle an ihm Beteiligten stehen täglich vor neuen Problemen und ungeahnten Schwierigkeiten. Man benötigt eine Kraft, die imstande ist, auf der Grundlage eines klaren Programms, mit Weitblick und Umsicht, strategisch vorausschauend und taktisch flexibel zu handeln. In Portugal war das die Portugiesische Kommunistische Partei (PCP). 1921 gegründet, über Jahrzehnte im illegalen Kampf gegen die faschistische Diktatur gereift, war sie 1974 glänzend auf ihre Aufgabe vorbereitet. Seit 1965 verfügte sie über ihr Programm »Kurs auf den Sieg«, das konsequent auf die bewaffnete Erhebung orientierte und in der Verbindung von Massenkampf und Militäraktion das Unterpfand für den Erfolg der Revolution sah. Sie definierte auf dem VI. Parteitag im September 1965 die wesentlichen Ziele einer »nationalen und demokratischen Revolution« nach dem Sturz des faschistischen Regimes in acht Punkten:

    1. Schaffung eines demokratischen Staates;

    2. endgültige Beseitigung der Macht der Monopole und Förderung einer schnellen, allseitigen wirtschaftlichen Entwicklung;

    3. Durchführung der Agrarreform;

    4. wesentliche Erhöhung des Lebensniveaus der werktätigen Klassen und des Volkes im allgemeinen;

    5. Demokratisierung des Bildungswesens und der Kultur;

    6. Befreiung Portugals vom Imperialismus;

    7. Anerkennung des Rechts auf sofortige Unabhängigkeit der portugiesischen Kolonien;

    8. Verfolgung einer Politik des Friedens und der Freundschaft mit allen Völkern.

    Die PCP war die einzige politische Partei Portugals, die ihre Tätigkeit auch in den 48 Jahren der Illegalität nie unterbrach. Ihr Zentralorgan Avante!, bis heute mit Hammer und Sichel und der Losung »Proletarier aller Länder, vereinigt euch!« auf dem Titel, erschien auch unter den schwersten Bedingungen regelmäßig, ebenso wie eine ganze Reihe anderer Publikationen. Die portugiesischen Kommunisten standen in den zahlreichen erbitterten Kämpfen gegen die faschistische Diktatur stets an vorderster Front, sie brachten die meisten Opfer.

    Die Mitglieder der PCP waren überall zu finden, in den Gewerkschaften, antifaschistischen Jugend- und Studentenorganisationen, kulturellen und sportlichen Verbänden, den Vereinigungen der Schriftsteller und bildenden Künstler, Bauernorganisationen und Einwohnerkomitees. Geschickt verbanden sie den illegalen Kampf mit allen legalen Wirkungsmöglichkeiten. Nicht kneifen, sich nicht drücken – das war die Aufgabe, und so gab es eben auch Kommunisten in der Armee und der Polizei. Selbstverständlich half sie jungen Menschen, die nicht in den Kolonialkrieg ziehen wollten, ihre Mitglieder aber forderte sie auf, in den Streitkräften mitzuhelfen, sein Ende herbeizuführen. Seit März 1961 stand mit Álvaro Cunhal eine der bedeutendsten Persönlichkeiten Portugals und der internationalen Arbeiterbewegung als Generalsekretär an der Spitze der portugiesischen Kommunisten. Überzeugt von der Richtigkeit der Lehre von Marx, Engels und Lenin verstand er es meisterhaft, die Klassenverhältnisse in seiner Heimat zu analysieren und daraus praktische Konsequenzen zu ziehen. Prinzipienfestigkeit und Disziplin verbanden sich mit einem hohem Maß an Flexibilität und schöpferischer Geduld. Die PCP wird von ihren Feinden oft als »dogmatisch« verleumdet. Nichts könnte falscher sein. In den komplizierten Auseinandersetzungen der Jahre 1974 und 1975 setzte sich die PCP stets für das gemeinsame Handeln der Anhänger der Revolution in den Streitkräften, von Sozialisten und Kommunisten, für die Einheit der Gewerkschaftsbewegung ein. Álvaro Cunhal selbst gehörte der Regierung an, aktiv beteiligte sich die PCP an der Schaffung demokratischer örtlicher Verwaltungen. Die PCP verzichtete 1974 in ihrem Programm auf den Begriff »Diktatur des Proletariats« in der Erkenntnis, daß niemand ihn im Sinne von Karl Marx verstehen würde. Sie orientierte auf eine demokratische Staatsmacht und die Gewährleistung aller bürgerlichen Freiheiten und Rechte sowie das ungehinderte Wirken politischer Parteien. Die Teilnahme oder Nichtteilnahme an einer bürgerlichen Regierung war für sie kein Dogma. Bestanden die Vorraussetzungen, in Regierungsverantwortung tatsächlich die Interessen der Werktätigen mit Erfolg zu verteidigen, war sie auch dazu bereit. Acht Jahre gab es so eine gemeinsame Stadtverwaltung von Sozialisten und Kommunisten in der Hauptstadt Lissabon. Mário Soares wurde 1986 und 1991 mit den Stimmen der Kommunisten zum Präsidenten der Portugiesischen Republik gewählt. Der Gegenkandidat der Rechtsparteien unterlag jeweils. Trotz eines beträchtlichen Rückgangs der Wählerstimmen (von 18,1 Prozent 1983 auf 7,0 Prozent 2002) bleibt die PCP die konsequenteste antikapitalistische Kraft, führend in den Gewerkschaftsverbänden und aufs engste verbunden mit den demokratischen Bewegungen.

    … und Sozialdemokraten

    Jede Revolution stößt auf ihre Konterrevolution. Je konsequenter der revolutionäre Prozeß voranschreitet, desto erbitterter wird der Widerstand der Reaktion, besonders dann, wenn es um das Eigentum an den entscheidenden Produktionsmitteln geht. In Portugal gelang es, bis zum 25. November 1975 die Angriffe der Konterrevolution abzuwehren und die wichtigsten gesellschaftspolitischen Veränderungen durch Gesetze und ab 1976 in der Verfassung zu verankern. Im Sommer 1975 setzte eine wütende antikommunistische Kampagne ein. Büros der PCP wurden in Brand gesetzt, Funktionäre der Partei, vor allem im Norden des Landes, bedroht und zum Teil verfolgt. Die Hierarchie der katholischen Kirche unterstützte teils verdeckt, teils offen obskure terroristische Vereinigungen. Früher nicht bekannte »Befreiungsbewegungen« der Azoren und Madeiras traten auf, um die Unabhängigkeit dieser zu Portugal gehörenden Inseln zu fordern. In Spanien standen von General Spinola angeworbene Truppen bereit, einen Bürgerkrieg gegen die »kommunistische Gefahr« vom Zaun zu brechen.

    Diesen Angriffen der Konterrevolution hätte man erfolgreich begegnen können, wenn die Sozialistische Partei Portugals (PS) unter Mário Soares ihrem eigenen Programm gefolgt wäre. Aus heutiger Sicht kann gesagt werden, daß das Bekenntnis zur »Schaffung eines sozialistischen Staates« und der »Errichtung einer sozialistischen Gesellschaft weltweit«, enthalten in der »Prinzipienerklärung« und dem »Programm der Sozialistischen Partei« , schon damals nicht ernst gemeint war. Da die rechts von der PS stehenden Parteien Demokratische Volkspartei (PPD) und Christlich-Soziales Zentrum (CDS) zu stark im Verdacht der Nähe zum Caetano-Regime standen, konzentrierten sich die Hoffnungen der inneren Reaktion und des kapitalistischen Auslandes auf die Sozialisten. Die portugiesische Revolution sah sich bald der offenen Feindschaft der gesamten kapitalistischen Welt ausgesetzt. Extrem »besorgt« zeigte sich in den USA die Nixon- Administration. Sie entsandte mit Frank Carlucci einen in Komplotten erfahrenen CIA-Mitarbeiter als Botschafter nach Portugal, der schnell erkannte, daß man sich auf Mário Soares und die SP stützen mußte, um der Revolution entgegenzuwirken. »Besser als ein mutiger, kämpferischer Antikommunist kann niemand die kommunistische Linke bekämpfen« – so beurteilte Carlucci, nach seiner Rückkehr aus Portugal im Dezember 1977 zum stellvertretenden CIA-Chef ernannt, 1995 die »Verdienste« des Mário Soares.

    Die Sozialistische Internationale bildete auf Initiative von Willy Brandt und Olof Palme ein »Komitee der Freundschaft und Solidarität für Demokratie und Sozialismus in Portugal«. Beträchtliche finanzielle Mittel flossen nach Portugal, u. a. zur Finanzierung des Wahlkampfes. Der IBFG (Internationaler Bund Freier Gewerkschaften) und der Europäische Gewerkschaftsbund finanzierten zum Teil mit verdeckten Geldern der CIA die Spaltung der portugiesischen Gewerkschaften und die Gründung des »Allgemeinen Verbandes der Werktätigen« (UGT).

    Bei den Parlamentswahlen 1976 erreichte die Sozialistische Partei 34,9 Prozent der abgegebenen Stimmen und 107 Abgeordnetenplätze, die PCP 14,4 Prozent und 40 Parlamentssitze. Beide Parteien gemeinsam hätten mit einer Mehrheit von 147 Abgeordneten von insgesamt 263 ohne Mühe die Regierung bilden und eine Politik im Interesse der Werktätigen verwirklichen können, hätte Mário Soares sich nur an das Programm seiner eigenen Partei gehalten. Unter seiner Regierung aber und mit der Entfernung der progressiven Militärs aus den Streitkräften wurde begonnen, die sozialökonomischen Errungenschaften des April Schritt für Schritt, stets gegen hartnäckigen, bis zu gewaltsamen Konflikten reichenden Widerstand, zu beseitigen.

    Sind die Nelken verwelkt?

    30 Jahre nach der »Nelkenrevolution« stellt sich die Frage, was von ihr geblieben ist. Gibt es überhaupt eine Chance für eine andere Gesellschaft? Geblieben ist die Beseitigung des faschistischen Regimes und das Ende des Kolonialkrieges. »Der Kapitalismus wird nicht schlecht verwaltet, er ist schlecht und ein Übel«, das sagte mir Bruno Dias, einer der jüngsten PCP-Abgeordneten des Parlaments im vergangenen Jahr. Diese Erkenntnis scheint sich auszubreiten, nicht nur in Portugal. Noch ist eine neue »Nelkenrevolution« nicht in Sicht, doch wer weiß? Noch immer gilt die alte Regel, nach der eine revolutionäre Situation dann entsteht, wenn »die oben« nicht mehr können und »die unten« nicht mehr wollen wie bisher. Wie lange es sich die Mehrheit der Menschen gefallen läßt, daß sich weltweit eine kleine Gruppe schamlos bereichert und dabei alle sozialen Sicherungen beseitigt, läßt sich schwer voraussagen. In einigen Ländern stehen die Zeichen auf Sturm, wie wir den aktuellen Meldungen jeden Tag entnehmen können. Daß daraus mehr wird als eine harmlose Revolte oder, schlimmer, verzweifelte Aktion Ausgegrenzter – dazu bedarf es des mutigen, täglichen Engagements für die Verteidigung der Interessen jener, die von ihrer Hände und ihres Kopfes Arbeit leben.

    Hierzulande geht es nicht um »Opfer«, wie Álvaro Cunhal sie in seiner Rede auf dem VI. Parteitag der PCP 1965 meinte. Er soll dennoch das Schlußwort haben: »Es gibt Leute, die sagen, sie seien bereit, sich zu opfern, ›wenn es sich lohnt‹, das heißt, im entscheidenden Endkampf. Die Kommunisten sind der Meinung, daß es sich immer lohnt, wenn man für die Interessen des Volkes kämpft, wenn mit dem Opfer von heute der Sieg von morgen möglich ist« – geschrieben und gesprochen neun Jahre vor dem 25. April 1974



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