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  • Studienkonten
    Studienkonten
    Umfangreiche Stellungnahme der LAG Wissenschaftspolitik
    1. Das Grundmodell und seine Annahmen
    Der Wissenschaftssenator hat ein Modell der Studienkonten bzw. Studiengutscheine vorgeschlagen.
    Folgende Annahmen sind zentral:
    - Effizienz- und Qualitaetsdefizite im Bereich Lehre durch mangelnde Antriebskraft von Hochschulen und Studierenden
    - Hohe gesellschaftliche Belastung durch “Langzeit- und Scheinstudierende”
    - Mehr Wettbewerb – mehr Effizienz.
    - Studentische Nachfrage nach Lehrveranstaltungen – entscheidender Indikator fuer Qualitaet.
    Diese Konten funktionieren wie Bankkonten. Die Waehrung dieser Konten sind Kreditpunkte (credit points), eine Einheit, die dem European Credit Transfer System (ECTS) entnommen ist. In dieser Einheit wird eigentlich der Arbeitsaufwand pro Lehrveranstaltung gemessen. Im Kontenmodell werden auf der Basis dieser Einheit jedoch die aktuellen (!) Zuschuesse an die  Hochschulen fuer die Lehre umgerechnet. Das heisst, dass ein Kreditpunkt einen bestimmten Geldwert bekommt und das Studium somit prinzipiell kostenpflichtig wird. Auf Seiten der Studierenden wird die individuelle Inanspruchnahme von Hochschulleistungen ueber das Konto abgebucht. Das heisst, jeder eingeschriebene Student hat ein Konto, von dem diese Kreditpunkte abgebucht werden, sobald er eine Lehrveranstaltung besucht. Der Geldwert der abgebuchten Punkte wird dann den Hochschulen als Zuschuss gezahlt.
    Die Einfuehrung eines solchen Systems hat die Schaffung eines Markt- und Wettbewerbsmechanismus im Hochschulbereich zum Ziel. Die Studierenden als Nachfrager von Lehrangeboten sollen zu Kunden werden, die Hochschulen zu nachfrageorientierten Anbietern. Gleichzeitig ist ein genaues betriebswirtschaftliches Controlling des Lehrbetriebs moeglich, da jede Lehrleistung oekonomisch quantifizierbar wird.
    Mit wie viel Kreditpunkten das Studienkonto zu Beginn ausgestattet wird, ist eine politisch zu entscheidende Frage. Es kann etwa unendlich oder auch mit null Kreditpunkten ausgestattet werden. Im zweiten Extremfall muessten die Studierenden das Konto ueber Gebuehren erst auffuellen, bevor sie studieren koennen. Das jetzt diskutierte Modell liegt in der Mitte dieser beiden Optionen und moechte den Studierenden 120% eines Regelstudiums “vorschiessen”. Theoretisch ist auch eine Einloesung des Guthabens bei privaten Anbietern denkbar.
    2. Erreicht das Kontenmodell die selbst gesteckten Ziele? Sind diese Ziele politisch sinnvoll?
    Die vom Senator intendierte Wirkung des Kontenmodells sei mit vier Punkten kurz umrissen:
    a. Anhalten zu “oekonomischem”, d.h. zu sparsamem Umgang mit Lehrangeboten der Hochschulen
    b. das Aussieben von Langzeit- und Scheinstudierenden
    c. die Verbesserung der Qualitaet des Studienangebotes
    d. Erleichterung eines Laenderfinanzausgleichs im Hochschulbereich
    e. die Sicherung der Studiengebuehrenfreiheit des Erststudiums fuer einem bestimmten Zeitraum (Regelstudium+x)
    Wir halten den Ansatz des Modell sowohl hinsichtlich seiner Zielstellung als auch in seiner Wirkung fuer kontraproduktiv.
    a.) oekonomischer Umgang der Studierenden mit Lehrangeboten: Dass Studierende mehr Lehrleistungen in Anspruch nehmen, als sie laut Studienordnung fuer einen Abschluss benoetigen, kann mehrere Ursachen haben:
    - Wiederholung von Leistungsnachweisen oder Pruefungen
    - Fehlentscheidungen bei der Auswahl der zu belegenden Lehrveranstaltungen
    - Studienfachwechsel
    - Interesse an zusaetzlichen ueber das Pflichtpensum hinaus gehenden Lehrveranstaltungen
    Die ersten beiden Punkte sind unerwuenscht. Auf den ersten Punkt hat das Kontenmodell nur auf der “Anbieterseite” Einfluss. Die Hochschule ist dann aus oekonomischen Gruenden daran interessiert, moeglichst viele Studierende erfolgreich durch eine Lehrveranstaltung zu bringen. Dies fuehrt im Extremfall dazu, dass keine Studierenden mehr durch Pruefungen fallen und das Leistungsniveau bei gleichzeitiger Nachfragesteigerung sinkt. Auf der Studierendenseite hat das Modell fuer diesen Punkt keinen Einfluss. Es sei denn man geht davon aus, dass es bei den jetzt Studierenden an Motivation mangelt, der es durch oekonomischen Druck nachzuhelfen gelte. Die hohen Durchfallquoten einiger Lehrveranstaltungen sind jedoch im Hinblick auf eine moegliche Demotivation der Studierenden und als Hinweis auf die Qualitaet der Lehre ein problematisches Signal des Lehrbetriebs, dass es ueber Massnahmen der Studienreform anzugehen gilt.
    Auch auf den zweiten Punkt hat das Studienkontenmodell kaum Einfluss, wenn man davon ausgeht, dass Studierende auch heute bereits ueber die Faehigkeit verfuegen, sich ueber die entsprechenden Studienordnungen zu informieren. Ein ausdifferenziertes System von Studienberatungen steht ihnen dabei zur Seite. Dieser Punkt duerfte quantitativ vernachlaessigbar sein.
    Studienfachwechsel werden sich in der Vielfalt der Faecher und Studiengaenge kaum vermeiden lassen. Es ist anstrebenswert, dass Studierende den Studiengang waehlen, der ihnen am meisten zusagt und in dem sie die hoechsten Leistungen bringen. Das ist auch der Fall, wenn das Studium bereits begonnen wurde. Eine Beschneidung der Studienmoeglichkeit kann dazu fuehren, dass Studierende ihre Fehlentscheidung nicht revidieren, obwohl sie lieber etwas anderes studiert haetten. Wir halten es fuer sinnvoller, in einer Orientierungsphase sowie mit Beratungs- und Mentorenprogrammen Fehlentscheidungen zu minimieren.
    Der vierte Punkt der erhoehten Inanspruchnahme von Studienangeboten ist aeusserst wuenschenswert. Ein individuelles Interesse an den Studieninhalten und interdisziplinaeres Studieren sind der beste Garant fuer ein erfolgreiches Studium. Ein solches Studierverhalten wird durch das Studienkontenmodell in voellig unsinniger Weise beschnitten. Es setzt eine Verknappung von Bildungsangeboten durch, die erzieherisch wirken soll und dem verfassungsgemaessen Anspruch auf freien Zugang zu oeffentlichen Bildungseinrichtungen zuwiderlaeuft.
    b.) “Langzeitstudierende”: Die Diskussion um so genannte Langzeitstudierende halten wir fuer eine klassische Suendenbockdebatte, die das Problem der innerhochschulischen Zustaende sowie das Problem der sozialen Situation von Studierenden mit dem Hinweis auf deren mangelnde Motivation zu individualisieren versucht. Im vorigen Punkt haben wir gezeigt, warum Studierende mehr Lehrveranstaltungen in Anspruch nehmen. In diesem Punkt geht es darum, dass Menschen laenger als es die Regelstudienzeit vorsieht an Hochschulen eingeschrieben sind. Dieses kann mehrere Gruende haben:
    -Erwerbsarbeit
    -Kindererziehung
    -deutlich erhoehte Inanspruchnahme von Lehrangeboten
    -schlechte Studienbedingungen
    -finanzielle Vorteile durch Studierendenstatus
    Die ersten beiden Punkte duerften aus politischer Sicht nicht zu kritisieren sein. Der dritte Punkt ist bereits oben behandelt worden.
    Das vierte Problem, das der schlechten Studienbedingungen, geht das Modell zwar an, es verlaesst sich aber hier vollends auf den Marktmechanismus. Das bedeutet, dass die Hochschulen mit der Aufgabe des Aufbrechens schlecht organisierter Strukturen sich selbst ueberlassen bleiben und das unter massivem oekonomischen Druck. Denn es bleibt die Frage, ob eine Verbesserung der Studienbedingungen und Ablaeufe unter dem Zustand drastischer Unterfinanzierung und mangelnder Planungssicherheit ueberhaupt machbar ist. An dieser Stelle mit Repression gegen die Studierenden zu reagieren, ist sicher der falsche Weg.
    Das Kontenmodell des Wissenschaftssenators bezieht sich stark auf den letzten der o.g. Aspekte, auf die so genannten “Scheinstudierenden.” Die das Gemeinwesen belastenden Verguenstigungen fuer Studierende sind schnell aufgezaehlt: niedrigere Sozialversicherungsbeitraege im Niedriglohnbereich, Verguenstigung bei Kultureinrichtungen und das Semesterticket.
    Dagegen stehen Zahlungen, die Studierende zu leisten haben: Rueckmeldegebuehr, Beitraege zur Studierendenschaft und Studentenwerksbeitraege, die bei laengerem Studium deutlich ansteigen.
    Die Zahl derjenigen, die nur aus finanziellen Gruenden eingeschrieben sind, duerfte niedrig sein, da der Vorteil gering ist. Die Hochschulen haben zum grossen Teil bereits eigene Massnahmen gegen “Scheinstudierende” getroffen. Diese muessen Leistungen nachweisen und werden, falls sie das nicht koennen, exmatrikuliert. Das buerokratische Studienkontenmodell ist fuer die Loesung dieses Problems nicht noetig. Es ermoeglicht im Gegenteil Zahlungskraeftigen den Kauf des Studierendenstatus.
    c.) qualitative Verbesserung des Studienangebots: Das Kontenmodell will eine Marktsituation erzeugen. Die Studierenden sollen nach der Qualitaet der Lehrveranstaltungen entscheiden, welche sie belegen. Die Hochschule und die jeweiligen Fachbereiche haben dann den finanziellen Anreiz, moeglichst viele Studierende anzuwerben. Idee des Modells ist, dadurch mehr Qualitaet zu erzeugen und das Faecherspektrum bzw. die Kapazitaeten auf die Interessen der Studierenden auszurichten.
    Dieses Marktmodell funktioniert aus mehreren Gruenden nicht: Junge Menschen haben in der derzeitigen Situation der drastischen Unterfinanzierung nur wenig freie Entscheidung, wo sie welches Fach studieren. Wenn sie dann eingeschrieben sind, koennen sie auf Grund der Studienordnungen nur selten entscheiden, bei welchem Dozenten sie welche Veranstaltung belegen. Dieses Problem wird durch die Umstellung auf Bachelor/Master Studiengaenge und die damit einhergehende Verschulung noch einmal stark verschaerft. Hinzu kommt, dass Studierende erst nach der Lehrveranstaltung die Qualitaet derselben beurteilen koennen. Die Vergabe von ECTS-credits orientiert sich nicht an der von der Hochschule erbrachten Lehrleistung, sondern an der studentischen Arbeitsbelastung (workload), die mit einer bestimmten Lehrveranstaltung
    oder einem bestimmten Studienmodul verbunden ist. Eine Verkuepfung von ECTS mit Studienkonten haette zur Folge, dass Studierende, die lehrextensive Angebote mit einem hohen Anteil an Selbststudium nutzen (Vorlesungen, Projektarbeiten), ihr Studienkonto schneller aufbrauchen als Studierende, die lehrintensive Angebote mit einem hohen Betreuungsaufwand (Seminare, Praktika) in Anspruch nehmen. Im Ergebnis wuerde das ECTS durch die Verknuepfung mit Studienkonten buchstaeblich diskreditiert. Die Qualitaet der Lehre wuerde auch gesenkt, weil die Hochschulen eine Kosten-Nutzen-Rechnung in den Mittelpunkt ihrer Lehrplanung stellen und grosse und betreuungsarme Lehrformen eine deutlich hoehere “Effizienz” im Modell haben als kleinere und betreuungsintensive.
    Eine Verteilung von Mitteln nach der Inanspruchnahme von Lehrveranstaltungen durch Studierende macht auch deswegen keinen Sinn, weil es Lehrveranstaltungen und Faecher gibt, die von hoher Qualitaet sind, aber nur einen kleinen Kreis von Studierenden ansprechen. Diesen Lehrveranstaltungen und Faechern waeren im Kontenmodell die Existenzgrundlage entzogen. Geschwaecht wuerde dadurch auch die innerhochschulischer Stellung des wissenschaftlichen Mittelbaus.
    d.) Erleichterung eines Laenderfinanzausgleichs im Hochschulbereich: Wir sehen einen Finanzausgleich zwischen den Bundeslaendern als fuer Berlin sehr anstrebenswertes Projekt an. Das Kontenmodell ist dazu jedenfalls nicht noetig, moeglicherweise sogar kontraproduktiv. Auf Basis der durch Creditabbuchung erfassten Daten koennten die Kosten fuer jede/n Studierende/n genau errechnet werden. Wollte man auf dieser Basis einen Finanzausgleich installieren, muessten andere Laender die gleiche aufwaendige Datenbasis erheben, d.h. das gleiche Modell einfuehren. Das ist nicht zu erwarten. Der buerokratische Aufwand ist ueberhaupt nicht notwendig, da auch ohne Studienkonten erfasst werden kann, wer aus welchem Bundesland kommt und welches Studium er woanders absolviert.
    Eine Einigung zwischen den Bundeslaendern in Sachen Finanzausgleich steht allerdings auch ohne die buerokratische Huerde Studienkonten in weitester Ferne und nicht auf der Tagesordnung.
    e.) Abwehr allgemeiner Studiengebuehren: Die derzeitige hochschulpolitische Diskussion in der Bundesrepublik ist zumindest in der medialen Wahrnehmung stark von einem wirtschaftsliberalen Diskurs dominiert. In diesem ist die Forderung nach der Zulassung allgemeiner Studiengebuehren zentral fuer die Verbesserung der Finanzsituation der Hochschulen. Bisher stand das Hochschulrahmengesetz der moeglichen Einfuehrung von Gebuehren ab dem ersten Semester entgegen. Dieses Gesetz koennte im Laufe dieses Jahres vom Bundesverfassungsgericht fuer nichtig erklaert werden.
    Studienkonten bzw. Bildungsgutscheine werden von Teilen der SPD und Teilen der Gruenen als Moeglichkeit gesehen, allgemeine Gebuehren zu verhindern und das Erststudium gebuehrenfrei zu halten. Der Berliner Wissenschaftssenator hat sich dieser Haltung angeschlossen. Wir halten diese politische Strategie fuer kontraproduktiv, weil PDS-Politik, z.B. durch die notwendige Abschaffung der Gebuehrenfreiheit im Berliner Hochschulgesetz, befoerdert, was sie zu verhindern vorgibt. So sehen viele Kraefte in der SPD und in allen anderen Parteien Studienkonten nur als erste Stufe zur Einfuehrung allgemeiner Gebuehren.
    Das Studienkontenmodell enthaelt eine Langzeitgebuehrenkomponente und ist damit bereits ein Gebuehrenmodell. Seine Einfuehrung bedeutet, verglichen mit dem Status quo in Berlin, die erstmalige Erhebung von Studiengebuehren seit Mitte der 70er Jahre. Dieses Gebuehrenmodell ist zwar  intelligenter gemacht als andere, etwa indem es  bei entsprechender Ausgestaltung ein Teilzeitstudium ermoeglichen koennte. Gleichzeit hat es aber paradigmatische Wirkungen, die weiter als die anderer Langzeitgebuehrenmodelle gehen. So ist die genaue Berechnung der Lehrveranstaltungskosten und die Ueberwachung des Studienverhaltens eine hervorragende Datengrundlage, um den kostenlosen Anteil des Studiums “leistungsgerecht” mit Hinweis auf die Haushaltslage weiter und gegebenenfalls auf Null zu senken. Die Einfuehrung von Studiengebuehren ab 2006 durch eine moeglicherweise neue Regierungskonstellation in Berlin ist durch die jetzige Koalition nicht durch gesetzgeberisches Handeln zu verhindern, erst recht nicht durch erste, tabubrechende Schritte in Richtung marktfoermiger Steuerung der Hochschulen und Gebuehren.
    3. Fuer eine offensive Staerkung oeffentlich finanzierter, gebuehrenfreier Hochschulen
    Das Ziel, den Zugang zu hoeherer Bildung nicht durch soziale Schranken zu beeintraechtigen, erreichen wir am besten, indem wir das allgemeine Gebuehrenverbot in Berlin aufrechterhalten, so lange wir in der Regierung sind. Das bewirkt eine Staerkung der Antigebuehrenposition bundesweit, auch im Falle eines Verfassungsgerichtsurteils, das Gebuehren ermoeglicht und auch im Falle einer neuen Regierungskonstellation. Wir koennen davon ausgehen, dass eine Studierendengeneration, die unter den Bedingungen Studienkonten und Langzeitgebuehren studiert und keinen anderen Zustand kennt, sich der Einfuehrung allgemeiner Gebuehren erheblich weniger entgegenstemmen wuerde als eine, die erlebt hat, dass ein gebuehrenfreies Studium moeglich und sinnvoll ist.
    Die PDS hat sich in den bisherigen Wahlkaempfen als Garant fuer den Kampf gegen Studiengebuehren jeglicher Art dargestellt und hatte fuer diese Darstellung gute Gruende. Studiengebuehren trennen immer Menschen mit weniger finanziellen Moeglichkeiten von solchen, die mehr Geld haben. Damit vertritt unsere Partei uebrigens keine Minderheiten-, sondern eine Mehrheitenposition. Wenn man mal von den gefaelschten Umfragen des CHE absieht (Das CHE fragt in seinen Umfragen nicht nach dem OB, sondern nach dem WIE von Gebuehren, also nach Gebuehrenmodellen. Eine Moeglichkeit, Gebuehren ganz abzulehnen, gab es auf den Frageboegen nicht. Die nachfolgenden Presseerklaerungen gaben das Ergebnis falsch wieder. Siehe: http://www.fzs-online.org/article/749/de/) , dann zeigen alle Meinungsumfragen in Deutschland nach wie vor eine Ablehnung von Studiengebuehren an. Dies gilt auch fuer die Berliner Bevoelkerung (Die Mehrheit der Berliner lehnt Studiengebuehren ab. Nur 40 Prozent der Hauptstaedter halten ein kostenpflichtiges Studium aus Gruenden der Gerechtigkeit fuer notwendig, wenn angesichts der schweren Finanzkrise Berlins auch die Gebuehren fuer Kindertagesstaetten merklich erhoeht werden. Das geht aus einer Emnid-Umfrage im Auftrag der Berliner Morgenpost hervor. Von den unter 30-Jaehrigen sprachen sich sogar 80 Prozent gegen Studiengebuehren aus. Nur bei den ueber 50-Jaehrigen plaediert jeder Zweite fuer eine Gebuehr. (Berliner Morgenpost vom 1.12.03) Dieses Ergebnis wurde aktuell erneut bestaetigt. (Berliner Morgenpost vom 1.2.2004)).
    Eine Politik der zunehmend privaten Bildungsfinanzierung ist mit unserer Programmatik nicht vereinbar. Mit der Einfuehrung von Langzeitgebuehren in Form von Studienkonten wuerde sich die PDS von ihrer gesamten bisherigen Beschlusslage, vom Koalitionsvertrag und auch von der Intention ihres neuen Bundesprogramms abwenden. Ausserdem widerspricht die Einfuehrung von Gebuehren dem internationalen Pakt ueber wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte, der von der Bundesrepublik unerzeichnet ist.
    Die LAG haelt es fuer zielfuehrender, die bereits auf dem Tisch liegenden PDS-Konzeptionen zur Verbesserung der Situation in den Hochschulen, die auch mit der SPD vereinbart sind, kraftvoll auf die politische Tagesordnung zu bringen und neue, dem Anspruch sozialistischer Politik gerechte Konzeptionen zur Verbesserung der sozialen Situation der Studierenden zu entwickeln. Gleichzeitig muessen die Hochschulen in ihrem Bemuehen gefoerdert werden, der sie alimentierenden Gesellschaft den Beweis ihrer Unentbehrlichkeit fuer eine funktionierende, soziale Demokratie zu erbringen.
    Umfangreiche Stellungnahme der LAG Wissenschaftspolitik

    1. Das Grundmodell und seine Annahmen

    Der Wissenschaftssenator hat ein Modell der Studienkonten bzw. Studiengutscheine vorgeschlagen.

    Folgende Annahmen sind zentral:

    - Effizienz- und Qualitaetsdefizite im Bereich Lehre durch mangelnde Antriebskraft von Hochschulen und Studierenden

    - Hohe gesellschaftliche Belastung durch “Langzeit- und Scheinstudierende”

    - Mehr Wettbewerb – mehr Effizienz.

    - Studentische Nachfrage nach Lehrveranstaltungen – entscheidender Indikator fuer Qualitaet.

    Diese Konten funktionieren wie Bankkonten. Die Waehrung dieser Konten sind Kreditpunkte (credit points), eine Einheit, die dem European Credit Transfer System (ECTS) entnommen ist. In dieser Einheit wird eigentlich der Arbeitsaufwand pro Lehrveranstaltung gemessen. Im Kontenmodell werden auf der Basis dieser Einheit jedoch die aktuellen (!) Zuschuesse an die  Hochschulen fuer die Lehre umgerechnet. Das heisst, dass ein Kreditpunkt einen bestimmten Geldwert bekommt und das Studium somit prinzipiell kostenpflichtig wird. Auf Seiten der Studierenden wird die individuelle Inanspruchnahme von Hochschulleistungen ueber das Konto abgebucht. Das heisst, jeder eingeschriebene Student hat ein Konto, von dem diese Kreditpunkte abgebucht werden, sobald er eine Lehrveranstaltung besucht. Der Geldwert der abgebuchten Punkte wird dann den Hochschulen als Zuschuss gezahlt.

    Die Einfuehrung eines solchen Systems hat die Schaffung eines Markt- und Wettbewerbsmechanismus im Hochschulbereich zum Ziel. Die Studierenden als Nachfrager von Lehrangeboten sollen zu Kunden werden, die Hochschulen zu nachfrageorientierten Anbietern. Gleichzeitig ist ein genaues betriebswirtschaftliches Controlling des Lehrbetriebs moeglich, da jede Lehrleistung oekonomisch quantifizierbar wird.

    Mit wie viel Kreditpunkten das Studienkonto zu Beginn ausgestattet wird, ist eine politisch zu entscheidende Frage. Es kann etwa unendlich oder auch mit null Kreditpunkten ausgestattet werden. Im zweiten Extremfall muessten die Studierenden das Konto ueber Gebuehren erst auffuellen, bevor sie studieren koennen. Das jetzt diskutierte Modell liegt in der Mitte dieser beiden Optionen und moechte den Studierenden 120% eines Regelstudiums “vorschiessen”. Theoretisch ist auch eine Einloesung des Guthabens bei privaten Anbietern denkbar.

    2. Erreicht das Kontenmodell die selbst gesteckten Ziele? Sind diese Ziele politisch sinnvoll?

    Die vom Senator intendierte Wirkung des Kontenmodells sei mit vier Punkten kurz umrissen:

    a. Anhalten zu “oekonomischem”, d.h. zu sparsamem Umgang mit Lehrangeboten der Hochschulen

    b. das Aussieben von Langzeit- und Scheinstudierenden

    c. die Verbesserung der Qualitaet des Studienangebotes

    d. Erleichterung eines Laenderfinanzausgleichs im Hochschulbereich

    e. die Sicherung der Studiengebuehrenfreiheit des Erststudiums fuer einem bestimmten Zeitraum (Regelstudium+x)

    Wir halten den Ansatz des Modell sowohl hinsichtlich seiner Zielstellung als auch in seiner Wirkung fuer kontraproduktiv.

    a.) oekonomischer Umgang der Studierenden mit Lehrangeboten: Dass Studierende mehr Lehrleistungen in Anspruch nehmen, als sie laut Studienordnung fuer einen Abschluss benoetigen, kann mehrere Ursachen haben:

    - Wiederholung von Leistungsnachweisen oder Pruefungen

    - Fehlentscheidungen bei der Auswahl der zu belegenden Lehrveranstaltungen

    - Studienfachwechsel

    - Interesse an zusaetzlichen ueber das Pflichtpensum hinaus gehenden Lehrveranstaltungen

    Die ersten beiden Punkte sind unerwuenscht. Auf den ersten Punkt hat das Kontenmodell nur auf der “Anbieterseite” Einfluss. Die Hochschule ist dann aus oekonomischen Gruenden daran interessiert, moeglichst viele Studierende erfolgreich durch eine Lehrveranstaltung zu bringen. Dies fuehrt im Extremfall dazu, dass keine Studierenden mehr durch Pruefungen fallen und das Leistungsniveau bei gleichzeitiger Nachfragesteigerung sinkt. Auf der Studierendenseite hat das Modell fuer diesen Punkt keinen Einfluss. Es sei denn man geht davon aus, dass es bei den jetzt Studierenden an Motivation mangelt, der es durch oekonomischen Druck nachzuhelfen gelte. Die hohen Durchfallquoten einiger Lehrveranstaltungen sind jedoch im Hinblick auf eine moegliche Demotivation der Studierenden und als Hinweis auf die Qualitaet der Lehre ein problematisches Signal des Lehrbetriebs, dass es ueber Massnahmen der Studienreform anzugehen gilt.

    Auch auf den zweiten Punkt hat das Studienkontenmodell kaum Einfluss, wenn man davon ausgeht, dass Studierende auch heute bereits ueber die Faehigkeit verfuegen, sich ueber die entsprechenden Studienordnungen zu informieren. Ein ausdifferenziertes System von Studienberatungen steht ihnen dabei zur Seite. Dieser Punkt duerfte quantitativ vernachlaessigbar sein.

    Studienfachwechsel werden sich in der Vielfalt der Faecher und Studiengaenge kaum vermeiden lassen. Es ist anstrebenswert, dass Studierende den Studiengang waehlen, der ihnen am meisten zusagt und in dem sie die hoechsten Leistungen bringen. Das ist auch der Fall, wenn das Studium bereits begonnen wurde. Eine Beschneidung der Studienmoeglichkeit kann dazu fuehren, dass Studierende ihre Fehlentscheidung nicht revidieren, obwohl sie lieber etwas anderes studiert haetten. Wir halten es fuer sinnvoller, in einer Orientierungsphase sowie mit Beratungs- und Mentorenprogrammen Fehlentscheidungen zu minimieren.

    Der vierte Punkt der erhoehten Inanspruchnahme von Studienangeboten ist aeusserst wuenschenswert. Ein individuelles Interesse an den Studieninhalten und interdisziplinaeres Studieren sind der beste Garant fuer ein erfolgreiches Studium. Ein solches Studierverhalten wird durch das Studienkontenmodell in voellig unsinniger Weise beschnitten. Es setzt eine Verknappung von Bildungsangeboten durch, die erzieherisch wirken soll und dem verfassungsgemaessen Anspruch auf freien Zugang zu oeffentlichen Bildungseinrichtungen zuwiderlaeuft.

    b.) “Langzeitstudierende”: Die Diskussion um so genannte Langzeitstudierende halten wir fuer eine klassische Suendenbockdebatte, die das Problem der innerhochschulischen Zustaende sowie das Problem der sozialen Situation von Studierenden mit dem Hinweis auf deren mangelnde Motivation zu individualisieren versucht. Im vorigen Punkt haben wir gezeigt, warum Studierende mehr Lehrveranstaltungen in Anspruch nehmen. In diesem Punkt geht es darum, dass Menschen laenger als es die Regelstudienzeit vorsieht an Hochschulen eingeschrieben sind. Dieses kann mehrere Gruende haben:

    -Erwerbsarbeit

    -Kindererziehung

    -deutlich erhoehte Inanspruchnahme von Lehrangeboten

    -schlechte Studienbedingungen

    -finanzielle Vorteile durch Studierendenstatus

    Die ersten beiden Punkte duerften aus politischer Sicht nicht zu kritisieren sein. Der dritte Punkt ist bereits oben behandelt worden.

    Das vierte Problem, das der schlechten Studienbedingungen, geht das Modell zwar an, es verlaesst sich aber hier vollends auf den Marktmechanismus. Das bedeutet, dass die Hochschulen mit der Aufgabe des Aufbrechens schlecht organisierter Strukturen sich selbst ueberlassen bleiben und das unter massivem oekonomischen Druck. Denn es bleibt die Frage, ob eine Verbesserung der Studienbedingungen und Ablaeufe unter dem Zustand drastischer Unterfinanzierung und mangelnder Planungssicherheit ueberhaupt machbar ist. An dieser Stelle mit Repression gegen die Studierenden zu reagieren, ist sicher der falsche Weg.

    Das Kontenmodell des Wissenschaftssenators bezieht sich stark auf den letzten der o.g. Aspekte, auf die so genannten “Scheinstudierenden.” Die das Gemeinwesen belastenden Verguenstigungen fuer Studierende sind schnell aufgezaehlt: niedrigere Sozialversicherungsbeitraege im Niedriglohnbereich, Verguenstigung bei Kultureinrichtungen und das Semesterticket.

    Dagegen stehen Zahlungen, die Studierende zu leisten haben: Rueckmeldegebuehr, Beitraege zur Studierendenschaft und Studentenwerksbeitraege, die bei laengerem Studium deutlich ansteigen.

    Die Zahl derjenigen, die nur aus finanziellen Gruenden eingeschrieben sind, duerfte niedrig sein, da der Vorteil gering ist. Die Hochschulen haben zum grossen Teil bereits eigene Massnahmen gegen “Scheinstudierende” getroffen. Diese muessen Leistungen nachweisen und werden, falls sie das nicht koennen, exmatrikuliert. Das buerokratische Studienkontenmodell ist fuer die Loesung dieses Problems nicht noetig. Es ermoeglicht im Gegenteil Zahlungskraeftigen den Kauf des Studierendenstatus.

    c.) qualitative Verbesserung des Studienangebots: Das Kontenmodell will eine Marktsituation erzeugen. Die Studierenden sollen nach der Qualitaet der Lehrveranstaltungen entscheiden, welche sie belegen. Die Hochschule und die jeweiligen Fachbereiche haben dann den finanziellen Anreiz, moeglichst viele Studierende anzuwerben. Idee des Modells ist, dadurch mehr Qualitaet zu erzeugen und das Faecherspektrum bzw. die Kapazitaeten auf die Interessen der Studierenden auszurichten.

    Dieses Marktmodell funktioniert aus mehreren Gruenden nicht: Junge Menschen haben in der derzeitigen Situation der drastischen Unterfinanzierung nur wenig freie Entscheidung, wo sie welches Fach studieren. Wenn sie dann eingeschrieben sind, koennen sie auf Grund der Studienordnungen nur selten entscheiden, bei welchem Dozenten sie welche Veranstaltung belegen. Dieses Problem wird durch die Umstellung auf Bachelor/Master Studiengaenge und die damit einhergehende Verschulung noch einmal stark verschaerft. Hinzu kommt, dass Studierende erst nach der Lehrveranstaltung die Qualitaet derselben beurteilen koennen. Die Vergabe von ECTS-credits orientiert sich nicht an der von der Hochschule erbrachten Lehrleistung, sondern an der studentischen Arbeitsbelastung (workload), die mit einer bestimmten Lehrveranstaltung

    oder einem bestimmten Studienmodul verbunden ist. Eine Verkuepfung von ECTS mit Studienkonten haette zur Folge, dass Studierende, die lehrextensive Angebote mit einem hohen Anteil an Selbststudium nutzen (Vorlesungen, Projektarbeiten), ihr Studienkonto schneller aufbrauchen als Studierende, die lehrintensive Angebote mit einem hohen Betreuungsaufwand (Seminare, Praktika) in Anspruch nehmen. Im Ergebnis wuerde das ECTS durch die Verknuepfung mit Studienkonten buchstaeblich diskreditiert. Die Qualitaet der Lehre wuerde auch gesenkt, weil die Hochschulen eine Kosten-Nutzen-Rechnung in den Mittelpunkt ihrer Lehrplanung stellen und grosse und betreuungsarme Lehrformen eine deutlich hoehere “Effizienz” im Modell haben als kleinere und betreuungsintensive.

    Eine Verteilung von Mitteln nach der Inanspruchnahme von Lehrveranstaltungen durch Studierende macht auch deswegen keinen Sinn, weil es Lehrveranstaltungen und Faecher gibt, die von hoher Qualitaet sind, aber nur einen kleinen Kreis von Studierenden ansprechen. Diesen Lehrveranstaltungen und Faechern waeren im Kontenmodell die Existenzgrundlage entzogen. Geschwaecht wuerde dadurch auch die innerhochschulischer Stellung des wissenschaftlichen Mittelbaus.

    d.) Erleichterung eines Laenderfinanzausgleichs im Hochschulbereich: Wir sehen einen Finanzausgleich zwischen den Bundeslaendern als fuer Berlin sehr anstrebenswertes Projekt an. Das Kontenmodell ist dazu jedenfalls nicht noetig, moeglicherweise sogar kontraproduktiv. Auf Basis der durch Creditabbuchung erfassten Daten koennten die Kosten fuer jede/n Studierende/n genau errechnet werden. Wollte man auf dieser Basis einen Finanzausgleich installieren, muessten andere Laender die gleiche aufwaendige Datenbasis erheben, d.h. das gleiche Modell einfuehren. Das ist nicht zu erwarten. Der buerokratische Aufwand ist ueberhaupt nicht notwendig, da auch ohne Studienkonten erfasst werden kann, wer aus welchem Bundesland kommt und welches Studium er woanders absolviert.

    Eine Einigung zwischen den Bundeslaendern in Sachen Finanzausgleich steht allerdings auch ohne die buerokratische Huerde Studienkonten in weitester Ferne und nicht auf der Tagesordnung.

    e.) Abwehr allgemeiner Studiengebuehren: Die derzeitige hochschulpolitische Diskussion in der Bundesrepublik ist zumindest in der medialen Wahrnehmung stark von einem wirtschaftsliberalen Diskurs dominiert. In diesem ist die Forderung nach der Zulassung allgemeiner Studiengebuehren zentral fuer die Verbesserung der Finanzsituation der Hochschulen. Bisher stand das Hochschulrahmengesetz der moeglichen Einfuehrung von Gebuehren ab dem ersten Semester entgegen. Dieses Gesetz koennte im Laufe dieses Jahres vom Bundesverfassungsgericht fuer nichtig erklaert werden.

    Studienkonten bzw. Bildungsgutscheine werden von Teilen der SPD und Teilen der Gruenen als Moeglichkeit gesehen, allgemeine Gebuehren zu verhindern und das Erststudium gebuehrenfrei zu halten. Der Berliner Wissenschaftssenator hat sich dieser Haltung angeschlossen. Wir halten diese politische Strategie fuer kontraproduktiv, weil PDS-Politik, z.B. durch die notwendige Abschaffung der Gebuehrenfreiheit im Berliner Hochschulgesetz, befoerdert, was sie zu verhindern vorgibt. So sehen viele Kraefte in der SPD und in allen anderen Parteien Studienkonten nur als erste Stufe zur Einfuehrung allgemeiner Gebuehren.

    Das Studienkontenmodell enthaelt eine Langzeitgebuehrenkomponente und ist damit bereits ein Gebuehrenmodell. Seine Einfuehrung bedeutet, verglichen mit dem Status quo in Berlin, die erstmalige Erhebung von Studiengebuehren seit Mitte der 70er Jahre. Dieses Gebuehrenmodell ist zwar  intelligenter gemacht als andere, etwa indem es  bei entsprechender Ausgestaltung ein Teilzeitstudium ermoeglichen koennte. Gleichzeit hat es aber paradigmatische Wirkungen, die weiter als die anderer Langzeitgebuehrenmodelle gehen. So ist die genaue Berechnung der Lehrveranstaltungskosten und die Ueberwachung des Studienverhaltens eine hervorragende Datengrundlage, um den kostenlosen Anteil des Studiums “leistungsgerecht” mit Hinweis auf die Haushaltslage weiter und gegebenenfalls auf Null zu senken. Die Einfuehrung von Studiengebuehren ab 2006 durch eine moeglicherweise neue Regierungskonstellation in Berlin ist durch die jetzige Koalition nicht durch gesetzgeberisches Handeln zu verhindern, erst recht nicht durch erste, tabubrechende Schritte in Richtung marktfoermiger Steuerung der Hochschulen und Gebuehren.

    3. Fuer eine offensive Staerkung oeffentlich finanzierter, gebuehrenfreier Hochschulen

    Das Ziel, den Zugang zu hoeherer Bildung nicht durch soziale Schranken zu beeintraechtigen, erreichen wir am besten, indem wir das allgemeine Gebuehrenverbot in Berlin aufrechterhalten, so lange wir in der Regierung sind. Das bewirkt eine Staerkung der Antigebuehrenposition bundesweit, auch im Falle eines Verfassungsgerichtsurteils, das Gebuehren ermoeglicht und auch im Falle einer neuen Regierungskonstellation. Wir koennen davon ausgehen, dass eine Studierendengeneration, die unter den Bedingungen Studienkonten und Langzeitgebuehren studiert und keinen anderen Zustand kennt, sich der Einfuehrung allgemeiner Gebuehren erheblich weniger entgegenstemmen wuerde als eine, die erlebt hat, dass ein gebuehrenfreies Studium moeglich und sinnvoll ist.

    Die PDS hat sich in den bisherigen Wahlkaempfen als Garant fuer den Kampf gegen Studiengebuehren jeglicher Art dargestellt und hatte fuer diese Darstellung gute Gruende. Studiengebuehren trennen immer Menschen mit weniger finanziellen Moeglichkeiten von solchen, die mehr Geld haben. Damit vertritt unsere Partei uebrigens keine Minderheiten-, sondern eine Mehrheitenposition. Wenn man mal von den gefaelschten Umfragen des CHE absieht (Das CHE fragt in seinen Umfragen nicht nach dem OB, sondern nach dem WIE von Gebuehren, also nach Gebuehrenmodellen. Eine Moeglichkeit, Gebuehren ganz abzulehnen, gab es auf den Frageboegen nicht. Die nachfolgenden Presseerklaerungen gaben das Ergebnis falsch wieder. Siehe: http://www.fzs-online.org/article/749/de/) , dann zeigen alle Meinungsumfragen in Deutschland nach wie vor eine Ablehnung von Studiengebuehren an. Dies gilt auch fuer die Berliner Bevoelkerung (Die Mehrheit der Berliner lehnt Studiengebuehren ab. Nur 40 Prozent der Hauptstaedter halten ein kostenpflichtiges Studium aus Gruenden der Gerechtigkeit fuer notwendig, wenn angesichts der schweren Finanzkrise Berlins auch die Gebuehren fuer Kindertagesstaetten merklich erhoeht werden. Das geht aus einer Emnid-Umfrage im Auftrag der Berliner Morgenpost hervor. Von den unter 30-Jaehrigen sprachen sich sogar 80 Prozent gegen Studiengebuehren aus. Nur bei den ueber 50-Jaehrigen plaediert jeder Zweite fuer eine Gebuehr. (Berliner Morgenpost vom 1.12.03) Dieses Ergebnis wurde aktuell erneut bestaetigt. (Berliner Morgenpost vom 1.2.2004)).

    Eine Politik der zunehmend privaten Bildungsfinanzierung ist mit unserer Programmatik nicht vereinbar. Mit der Einfuehrung von Langzeitgebuehren in Form von Studienkonten wuerde sich die PDS von ihrer gesamten bisherigen Beschlusslage, vom Koalitionsvertrag und auch von der Intention ihres neuen Bundesprogramms abwenden. Ausserdem widerspricht die Einfuehrung von Gebuehren dem internationalen Pakt ueber wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte, der von der Bundesrepublik unerzeichnet ist.

    Die LAG haelt es fuer zielfuehrender, die bereits auf dem Tisch liegenden PDS-Konzeptionen zur Verbesserung der Situation in den Hochschulen, die auch mit der SPD vereinbart sind, kraftvoll auf die politische Tagesordnung zu bringen und neue, dem Anspruch sozialistischer Politik gerechte Konzeptionen zur Verbesserung der sozialen Situation der Studierenden zu entwickeln. Gleichzeitig muessen die Hochschulen in ihrem Bemuehen gefoerdert werden, der sie alimentierenden Gesellschaft den Beweis ihrer Unentbehrlichkeit fuer eine funktionierende, soziale Demokratie zu erbringen.



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